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Keinerlei Berührungsängste

Keinerlei Berührungsängste hatten Frau Schlisske, ihr Blindenhund Brenda und die Klasse 7c des Albert-Schweitzer-Gymnasiums in Leonberg am Montag, den 25. April 2022

Der Schulstart nach den Osterferien am Montag, den 25. April 2022, war für die Klasse 7c des Albert-Schweitzer-Gymnasiums in Leonberg anders als sonst, denn im Deutschunterricht von Frau Carolin Schmitt bekamen die Siebtklässlerinnen und Siebtklässler Besuch von Frau Anja Schlisske, ihrem Blindenhund Brenda und ihrer Assistenzkraft Herr Klaus Temme.

Die 7c liest im Deutschunterricht zurzeit das Buch „Behalt das Leben lieb“ von Jaap ter Haar, welches von einem 13-jährigen Jungen handelt, der nach einem Autounfall erblindet und lernen muss, mit den veränderten Umständen zurechtzukommen und das Leben trotz seines Schicksalsschlages lieb zu behalten.

Mit einem ähnlichen Schicksalsschlag musste auch die Leonbergerin Anja Schlisske lernen umzugehen, die als „Frühchen“ bereits mit einer starken Sehbehinderung auf die Welt kam und dann im Jahre 2004 aufgrund einer Virusinfektion fast gänzlich erblindete. Da es sinnvoll ist, dass die Schülerinnen und Schüler nicht nur über Blinde sprechen, sondern auch selbst mit Betroffenen ins Gespräch kommen und hierdurch Berührungsängste abbauen, wurde Frau Schlisske in den Unterricht eingeladen, welche die Einladung ohne zu zögern annahm und sich offen den vielen Fragen der Siebtklässlerinnen und Siebtklässler stellte. Es wurden Fragen zu ihrem Leben, Tagesablauf, Freizeitbeschäftigungen, der Blindenschrift (Braille-Schrift), ihren Hilfsmitteln (z.B. Blindenstock) und natürlich auch jede Menge Fragen zu ihrer Hündin Brenda gestellt.

Nachdem Frau Schlisske ihrer Hündin das Blindenhund-Führgeschirr abnahm, durften die Schülerinnen und Schüler Brenda auch streicheln. Diese hatte keinerlei Berührungsängste, was auf die Schülerinnen und Schüler abfärbte und ihnen jegliche Unsicherheit im Umgang mit solch einem großen Hund und auch im Gespräch mit Frau Schlisske nahm. Durch ihre Erblindung muss Frau Schlisske anderen – besonders ihrer Labrador-Hündin, welche auf über 40 verschiedene Kommandos hört  – vertrauen und sich helfen lassen. Auch den Siebtklässlerinnen und Siebtklässler begegnete sie mit Vertrauen und so durften sie beispielsweise alle ihren Münzsortierer mit Bargeld anfassen. Dass Frau Schlisske nicht nur Vertrauen, sondern auch Freiheit wichtig ist, welche ihr besonders Brenda schenkt, wurde den Schülerinnen und Schüler deutlich und sie waren begeistert, wie sie – auch dank ihres Ordnungssystems – im Alltag zurechtkommt, im Leonberger Krankenhaus arbeitet und sogar selbst einkaufen geht, auch wenn sie hierbei auf Begleitung angewiesen ist.

Da kein Hund die Farbe der Ampeln erkennen kann und es – auch in Leonberg – noch nicht genug Blindenampeln gibt, wandte sie sich zum Schluss mit dem Appell an die 7. Klasse, nicht zu zögern, sie höflich anzusprechen und ihr Hilfe anzubieten, wenn die Schülerinnen und Schüler sie zum Beispiel an der Kreuzung vor dem Leo-Center sehen und auch anderen Menschen mit Einschränkungen behilflich zu sein.

Die Siebtklässlerinnen und Siebtklässler bekamen auch am Montag eine kleine Hausaufgabe, denn Frau Schlisske ermutigte die Klasse, einen Perspektivenwechsel einzunehmen und sich zu Hause in ihre Lage hineinzuversetzen, also sich zum Beispiel mit geschlossenen Augen in ihrem Zimmer zurechtzufinden. Auch in der Besuchsstunde selbst, wurden die Schülerinnen und Schüler zu Perspektivwechseln ermutigt und sie durften Anja Schlisskes Blindenstock ausprobieren, durch verschiedene Brillen, mit denen unterschiedliche Seheinschränkungen simuliert werden, schauen und die Braille-Schrift ertasten.